Als der türkische Präsident Recep Tayyip Erdogan letzten Monat eine weitere Wahl gewann, zogen Prozessionen seiner türkisch-deutschen Anhänger durch deutsche Städte, um seinen Sieg zu feiern. Das Spektakel ist in den letzten Jahren zur Routine geworden, ebenso wie die Empörungsbekundungen deutscher Politiker und Medien über diese öffentlichen Freudenbekundungen über die Triumphe eines konservativen, islamistischen und autoritären Führers. Unterstützt von Boulevardblättern wie der Bild-Zeitung reagierten die konservativen Flügel der Christlich-Demokratischen Union und ihrer bayerischen Schwesterpartei Christlich-Soziale Union mit der Forderung, stärkeren Druck auf Migranten auszuüben, sich in die deutsche Gesellschaft zu integrieren. Unterdessen hat die rechtsextreme Alternative für Deutschland (AfD) die Gelegenheit genutzt, um den migrantenfeindlichen Nativismus zu fördern.
Für die deutschen Mitte-Links-Führer der Sozialdemokratischen Partei (SPD) und der Grünen führen diese Bilder von Türkendeutschen, die den Erfolg von Erdogan und seiner regierenden Gerechtigkeits- und Entwicklungspartei (AKP) feiern, zu unangenehmen Dilemmata. Deutsche Mitte-Links-Politiker äußern ihre Frustration über die Bereitschaft vieler Türkendeutscher, für die AKP und ihren ultranationalistischen Koalitionspartner, die Nationalistische Bewegungspartei (MHP), zu stimmen. Sie versuchen jedoch zu vermeiden, eine größere Gegenreaktion gegen Migranten im Allgemeinen zu schüren, die die deutsche Wirtschaft dringend braucht, um den aktuellen Arbeitskräftemangel zu bewältigen.
Im weiteren Sinne unterstreicht das Phänomen die wachsende Rolle von Türkendeutschen und Kurdendeutschen in der deutschen Innenpolitik. Eine Handvoll politischer Führer aus diesen Diasporas, wie etwa Landwirtschaftsminister Cem Özdemir, hatten seit den 1990er Jahren prominente Positionen inne. Doch im letzten Jahrzehnt ist eine viel breitere Palette von Persönlichkeiten aufgetaucht, die eine Rolle spielen. Mitte, wie Belit Onay, der grüne Oberbürgermeister von Hannover sowie Serap Güler und Hakan Demir, Abgeordnete der CDU bzw. der SPD.
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