Bundesaußenministerin Annalena Baerbock besucht derzeit China im Rahmen einer längeren Ostasienreise, gefolgt von Reisen nach Südkorea und Japan, wo sie an einem Treffen der G-7-Außenminister teilnimmt. Bereits die offizielle Mitteilung des Auswärtigen Amtes weist auf die angespannte Situation hin, in der sich Baerbocks Antrittsbesuch in China abspielt, und beschreibt China als „Partner, Konkurrent und systemischer Rivale.“
Der Besuch in China wird wohl sein genau verfolgt, sowohl in Asien als auch im Westen. Während die deutsche Regierungskoalition aus Sozialdemokraten (SPD), Liberalen (FDP) und Grünen, denen Baerbock angehört, kürzlich auf die Probe gestelltWas die aktuelle Situation wirklich verschärft, sind die Äußerungen des französischen Präsidenten Emmanuel Macron nach seiner jüngsten Reise nach China.
Auf seinem Rückflug Anfang dieser Woche Macron sagte in einem Interview dass Europa seine Abhängigkeit von den Vereinigten Staaten reduzieren muss, um nicht in eine Konfrontation zwischen den Vereinigten Staaten und China über Taiwan hineingezogen zu werden. Macron betonte, Europa müsse strategische Autonomie erreichen und eine dritte Supermacht werden. Obwohl diese Erklärung mit einer langjährigen französischen Position übereinstimmt, dass Europa Einflusssphären außerhalb Europas suchen, eine Großmacht werden und geopolitische Interessen verfolgen sollte, provozierte die Erklärung erhebliche Unruhe.
Insbesondere der Hinweis auf Taiwan sorgte in den USA für Aufsehen. Macron war in der Presse viel beachtet für seine Aussagen, die inmitten intensiver chinesischer Militärübungen in der Taiwanstraße stattfanden. WIR Oppositionspolitiker der Republikanischen Partei beschuldigte den französischen Präsidenten, Taiwan verraten zu haben. Es kam auch viel Kritik aus mittel- und osteuropäischen Ländern, die unterstreichen, dass die amerikanische Unterstützung im Zusammenhang mit der russischen Invasion in der Ukraine mehr denn je benötigt wird. Bedenkt man, dass ein Großteil Osteuropas selbst bis vor weniger als 35 Jahren Opfer des russischen Imperialismus geworden ist, erscheint es logisch, sich im Zusammenhang mit der russischen Invasion in der Ukraine auf den Schutz der Vereinigten Staaten durch die NATO zu konzentrieren.
In Deutschland stießen Macrons Äußerungen zunächst auf heftige Kritik. DER Die konservative Oppositionspartei Christlich Demokratische Union (CDU) beschimpft Macrons Äußerungen, die Europäische Union zu schwächen und den Äußerungen von EU-Kommissionspräsidentin Ursula von der Leyen bei ihrem Besuch in China eine Woche zuvor zu widersprechen. Von der Leyen hatte China zur Rede gestellt wegen Beeinflussung Russlands im Zusammenhang mit dem Ukraine-Konflikt und warnte vor Waffenlieferungen an Russland. Mitglieder von FDP und SPD warnten vor der Spaltung des Westens in China und sagten, Macrons Vorgehen sei keine vernünftige Strategie für Europa.
Sowohl in Deutschland als auch in der EU äußerten sich einige Stimmen jedoch weniger kritisch zu Macrons Äußerung. Der Vorsitzende der SPD-Bundestagsfraktion, Rolf Mutzenich, etwa stimme Macron im Grundsatz zu und spielte auf die Kritik an Baerbock an, der sich in der Vergangenheit China kritisch und aus Chinas Sicht wahllos geäußert habe. Nach dem Appell von Baerbock an Peking, die angespannte Situation mit Taiwan bei seinem Besuch in China zu entschärfen, Der rechte Flügel der SPD warnte Baerbock dagegen, eine „Anti-China-Strategie“ zu verfolgen, da dies massive negative wirtschaftliche Folgen für Deutschland hätte. Im gleichen Atemzug forderten SPD-Mitglieder ein Ende der konfrontativen Haltung gegenüber China und den Abbau von Handels- und Investitionshemmnissen.
Sogar von Baerbocks eigener Partei gibt es sie fordert eine entspanntere Herangehensweise zu Macrons Äußerungen, denn eine bipolare Welt wäre weder im deutschen noch im europäischen Interesse. Während dieser Zeit die Präsident des Europäischen Rates, Charles Michel, vorgeschlagen dass Macrons Position keine Ausnahme unter den europäischen Führern ist und einen wachsenden Wandel in Europa widerspiegelt.
Diese gemeinsame Position zu Macrons Äußerung und damit auch zu Chinas Politik in Deutschland hat tiefe historische Wurzeln. Die deutsche Westintegrationspolitik der Nachkriegszeit, die zu guten Beziehungen zu den Vereinigten Staaten und einer Nato-Mitgliedschaft führte, geht auf die CDU zurück. Es verwundert daher nicht, dass die CDU Macrons Äußerungen scharf kritisierte. Allerdings spiegeln die Äußerungen einiger Mitglieder der SPD und der Grünen, die Macron verteidigt haben, einige jüngste Veränderungen in der deutschen politischen Landschaft wider. Erstens, Das Vertrauen in die Vereinigten Staaten hat sich verschlechtert unter der Trump-Administration und Angst vor einer zweiten Trump-Administration befeuern die deutschen und europäischen Debatten um strategische Autonomie.
Zweitens erlebte Deutschland im Zusammenhang mit dem russisch-ukrainischen Krieg erhebliche politische Veränderungen, die durch den Begriff von angezeigt werden Zeitenwend („Wendepunkt“). Vor allem die Grünenderen Partei aus einer pazifistischen Bewegung kommt, haben sich außenpolitisch engagierter positioniert.
Traditionell Deutsche Außenpolitik ging es vor allem um die Förderung gewinnbringender Wirtschaftsbeziehungen und Scheckbuchdiplomatie. In diesem Zusammenhang war eine starke Abhängigkeit von den Vereinigten Staaten für militärischen Schutz ein Merkmal der deutschen Politik, das nur von politischen Randparteien in Frage gestellt wurde. Mit der formellen Annahme eines hochgradig normativen Rahmens Feministische Außenpolitik Unter Baerbock scheint die deutsche politische Elite bereit zu sein, mit langjährigen Traditionen zu brechen und eine engagiertere Außenpolitik zu betreiben.
Diese Situation schafft ein Spannungsfeld für Europa im Allgemeinen und für Deutschland im Besonderen. Einerseits will Berlin eine normativere Außenpolitik betreiben, und in dieser Hinsicht ist China scharf zu kritisieren. Damit würde Deutschland mit den USA gleichziehen, die unter Trump und Biden eine weitaus feindlichere Politik gegenüber China verfolgen. Andererseits erscheint es im Kontext einer zweiten Trump-Administration für bestimmte deutsche und europäische Akteure wie Macron zunehmend attraktiv, eine von Washington unabhängige Position einzunehmen. Dies wiederum könnte im Interesse Pekings liegen, da es die Vereinigten Staaten schwächen könnte, wenn Europa im Rahmen der China-Politik eine von den Vereinigten Staaten abweichende Position einnimmt.
Die aktuelle Situation ist sehr diffus: Europa steht in seinen Beziehungen zu China, aber auch zu den Vereinigten Staaten an einem Scheideweg. In den nächsten Jahren werden die europäischen Bürgerinnen und Bürger bei ihren nationalen und europäischen Wahlen darüber abstimmen, ob sie bereit sind, Wohlstandsverluste in Kauf zu nehmen, um eine normativere Position gegenüber China einzunehmen. Sie werden aber auch darüber abstimmen, ob sie sich strategisch von den USA unabhängig machen wollen.
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