Am 16. Dezember 2020 gab Porsche seine Zusage bekannt, ab Januar 2023 einen LMDh-Prototyp für den Rennsport zu entwickeln. Die Aussicht, ein Fahrzeug sowohl in der FIA World Endurance Championship (WEC) als auch in der nordamerikanischen IMSA WeatherTech SportsCar Championship einzusetzen, bewies sich ausschlaggebend für die Entscheidung des Vorstands der Porsche AG sein. Weniger als fünf Monate später gab Porsche seine enge Partnerschaft mit dem Team Penske bekannt. Das neue Team Porsche Penske Motorsport für den internationalen Rennsport ist geboren. Das Team operiert von zwei Standorten aus: Der IMSA-Hauptsitz befindet sich in der US-Teamheimat Mooresville, North Carolina, während die WEC-Operationen von Mannheim aus geleitet werden. Nach dem Start der aktiven Testphase der neuen Prototypen im Januar 2022 bereitet sich das Werksteam darauf vor, in Daytona sein Renndebüt zu feiern.
Sein offizielles Renndebüt gibt der neue Porsche 963 bei den 24 Stunden von Daytona im US-Bundesstaat Florida (28./29. Januar). Zuvor hatte das Hybridfahrzeug über 33.000 Kilometer bei Tests und dem sogenannten Roar in Daytona zurückgelegt. Im abschließenden Qualifying qualifizierten sich die beiden Werkswagen auf den Plätzen zwei (#7) und neun (#6). Allein die Typenbezeichnung zeigt deutlich den Weg, den der Stuttgarter Sportwagenhersteller mit dem Porsche 963 einschlägt: Das neue Auto für die Oberklassen Hypercar (FIA WEC) und GTP (IMSA) leistet im Rennmodus rund 500 kW (680 PS). und soll das erfolgreiche Erbe des Porsche 962 fortführen.
1986 und 1987 gelang dem legendären Modell der Gruppe-C-Ära Unerhörtes: In beiden Saisons fuhren die Autos Siege in Le Mans, Sebring und Daytona ein. Mit 18 Siegen bei den American Endurance Classics und 19 Gesamtsiegen in Le Mans hält Porsche bei allen drei Rennen einen Rekord. Die Hoffnungen auf Sieg Nummer 20 anlässlich des 100. Jubiläums der 24 Stunden von Frankreich im Juni 2023 sind groß. Der neue Porsche 963 ist bereit, die großen Klassiker dieser Saison anzugehen.
Chassis: Multimatic LMP2-Basis mit ikonischer Porsche-Markenidentität
Das Reglement sieht vor, dass alle Neufahrzeuge in der LMDh-Kategorie auf einem LMP2-Chassis basieren müssen. Für ein solches Projekt stehen vier potenzielle Partner zur Verfügung: Multimatic, Oreca, Dallara und Ligier. Nach einer gründlichen Bewertung rief Porsche schnell Multimatic an. Als größter der vier LMP2-Hersteller liefert das Automobiltechnikunternehmen mit Sitz in Toronto (Kanada) auch Komponenten für den Porsche 911 RSR, den Porsche 911 GT3 R und den Porsche 911 GT3 Cup. Neben der bestehenden Geschäftsbeziehung sprachen auch die enormen Produktionskapazitäten für Multimatic – ein entscheidender Faktor, da der Porsche 963 auch in seinem ersten Wettbewerbsjahr von Kunden auf beiden Seiten des Atlantiks eingesetzt wird.
Der neue Rennsport-Prototyp ist leicht als echter Porsche zu erkennen. Sein Design verbindet moderne Elemente mit historischen Wurzeln. Die Frontpartie erinnert an die weichen Formen der legendären 956 und 962, das durchgehende Lichtband ist eine Hommage an das charakteristische Branding der Neunelfer-Baureihe der aktuellen 992-Generation. „Das Reglement gibt uns ein Leistungsfenster vor“, erklärt Christian Eifrig, Technischer Projektleiter des Porsche 963. „Das Fahrzeug muss hinsichtlich Abtrieb und Rundenzeiten innerhalb eines vom Reglement vorgegebenen Leistungsbereichs bleiben. Nur so können die Sportverbände Autos unterschiedlicher Hersteller per Leistungsbilanz angleichen“, so Eifrig weiter. Die sogenannte BoP, eine Einstufung für verschiedene Fahrzeuge in den neuen höheren Klassen, sorgt für gleiche Wettbewerbsbedingungen und spannende Rennen.
Faktoren wie minimales Gewicht, maximale Drehzahl pro Minute oder Energie pro Schicht machen die Fahrzeuge leistungsmäßig gleichwertig. „Es ist ziemlich schwierig, dieses Leistungsfenster zu erreichen. Gleichzeitig geht es darum, den typischen Porsche-Look zu erreichen. Wir hatten die schwierige Aufgabe, den perfekten Kompromiss zwischen effizienter Aerodynamik und einer sofort erkennbaren Designsprache zu finden. Damit die Führungsgremien von ACO und FIA die sogenannte Markenidentität akzeptieren, muss sie noch viele weitere Kriterien erfüllen. Der Porsche 963 erhielt sofort die Zulassung.
V8-Turbomotor: Modernes Aggregat auf Basis des Porsche RS Spyder
Wenn das Reglement vorschreibt, dass die Hybridkomponenten und das Getriebe standardisierte und wirtschaftliche Komponenten sein müssen, lassen sie viel Spielraum bei der Wahl des Verbrennungsmotors. Grundsätzlich gilt: Die Leistung ist auf 520 kW (707 PS) begrenzt bei einem Mindestgewicht von 180 Kilogramm inklusive Peripherie. Ende 2020 entschied sich Stefan Moser, als Chefingenieur verantwortlich für den Antriebsstrang des Porsche 963, mit seinem 18-köpfigen Team für den 4,6-Liter-Motor aus dem Porsche 918 Spyder.
Der Hybrid-Supersportwagen debütierte Anfang September 2013. Kurz vor seiner Premiere drehte er als erster Seriensportwagen in unter sieben Minuten auf der Nürburgring-Nordschleife. Sein kraftvoller V8 bietet hervorragende Standfestigkeit, enorme Steifigkeit und Trockensumpfschmierung. „Der Motor hat eine flache Kurbelwelle und einen sehr kurzen Hub“, sagt Moser. „Dadurch konnten wir es sehr tief montieren, was uns einen niedrigen Schwerpunkt und optimale Anbindungspunkte für Federung und Getriebe bietet. Auch wenn der Motor kein tragendes Element des 918 war, war seine Grundsteifigkeit relativ hoch – und das kommt uns auch sehr entgegen.
Angetrieben wird der Porsche 918 Spyder von einem hocheffizienten Saugmotor ohne Turbolader. Beim LMDh-Prototyp arbeitet das Triebwerk mit zwei Turboladern des niederländischen Herstellers Van der Lee zusammen, wodurch der Umgebungsdruck nur um 0,3 bar erhöht wird. Die Lader sind auf der „heißen Seite“ montiert, in der 90-Grad-Öffnung der V-Geometrie.“ Das Gute daran ist, dass der Motor seine Grundcharakteristik als Saugmotor behält und über ein schnelles Ansprechen des Gaspedals verfügt niedriger Ladedruck baut sich schnell auf und somit gibt es kein sogenanntes Turboloch“, verrät der Entwickler vom Porsche Motorsportzentrum in Flacht. Die Umstellung vom Serienmotor auf den Technologie-Turbo war einfach: Rund 80 % aller Bauteile stammen des 918. Einige Bauteile mussten zusätzlich verstärkt werden, um den 963-Motor zu einem tragenden Element zu machen. Ein weiterer Vorteil eines 4,6-Liter-Motors: Bereits im 918 Spyder hatte Porsche den V8 für die Arbeit mit einem Hybridsystem ausgelegt.
Die standardisierten Komponenten des E-Boost-Systems werden von den Herstellern Bosch (Generator, Elektronik und Software) und Williams Advanced Engineering (Hochvoltbatterie) geliefert. Die sogenannte Motor Generator Unit (MGU), die für die Kraftentfaltung und Bremsrekuperation an der Hinterachse zuständig ist, arbeitet im direkten Zusammenspiel mit dem serienmäßigen Getriebe der Marke Xtrac. Die MGU befindet sich in der Getriebeglocke zwischen Verbrennungsmotor und Getriebe.
Das gesamte Bordnetz des Hybrids liefert bis zu 800 Volt. Die einheitliche Batterie hat eine Energiekapazität von 1,35 kWh, die jederzeit beim Beschleunigen mobilisiert werden kann. Eine Leistung von 30–50 kW (40–68 PS) steht in kurzen Stößen zur Verfügung, ändert aber nichts an der Gesamtleistung des Antriebsstrangs. Setzt der Schub der MGU ein, nimmt automatisch die Leistung des Verbrennungsmotors ab, die je nach BoP über 8.000 U/min erreichen kann. Das Reglement schreibt die abgegebene Leistung genau vor.
Die Ahnenreihe des 4,6-Liter-Biturbo-V8 mit der Porsche-internen Bezeichnung 9RD geht auf den RS Spyder zurück. In den Händen des ehemaligen Porsche-Kundenteams Penske gewann das Rennfahrzeug zwischen 2006 und 2008 alle LMP2-Klassentitel der American Le Mans Series. Der damals markante gelb-rote Motor des Prototyps hatte einen Hubraum von 3,4 Litern. Design und Konzept genügen dennoch höchsten Ansprüchen des modernen Motorsports. „Der V8-Motor kann auch mit CO₂-optimiertem Kraftstoff, dem sogenannten biobasierten Kraftstoff, betrieben werden“, freut sich Stefan Moser. Auf diesem Gebiet nimmt Porsche mit der Einführung umweltfreundlicher Kraftstoffe im Porsche Mobil 1 Supercup seit der Saison 2021 eine Vorreiterrolle ein Die mit dem 911 GT3 Cup gewonnenen Erkenntnisse tragen zum optimalen Betrieb des neuen Porsche 963 bei.
Grundlegende technische Daten Porsche 963
Länge/Breite/Höhe: 5100/2000/1060 mm
Radstand: 3148 mm
Mindestgewicht: 1.030 kg
Höchstgeschwindigkeit: >330 km/h
Technische Daten 9RD-Motor
Ausführung: V8-Motor
Hubraum: 4.593 ccm
Belastung: 2 Turbolader
Zylinderbankwinkel: 90 Grad
Bohrung: 96 mm
Hub: 81mm
Leistung: > 515 kW (700 PS)
Drehzahl: > 8000
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