Scholz und Macron: Der Kampf der beiden (Mini-)Napoleons

In einer Zeit, in der die europäische Wirtschaft in Schwierigkeiten steckt und das strategische Gewicht der EU eher beklagenswert ist, sollten sich Olaf Scholz, der deutsche Bundeskanzler, und Emmanuel Macron, der französische Präsident, intensiv auf die Zusammenarbeit konzentrieren.

Warum geraten die beiden Männer so heftig aneinander?

Dass beide Männer eher klein sind (1,70 m bzw. 1,73 m), ist eher eine Nebensache.

Zwei Tatsachen sind weitaus bedeutsamer: Erstens sind beide Männer Technokraten und zweitens sind sie von ihrer eigenen intellektuellen Kraft so überzeugt, dass sie leicht arrogant wirken.

Höflich oder pedantisch

Emmanuel Macron seinerseits versteht es perfekt, seinen Auftritten Emotionen zu verleihen. Er tut dies bewusst, um seine Arroganz zu mildern. Darüber hinaus engagiert sich Macron persönlich sehr gerne in Debatten.

Olaf Scholz hingegen hat große Schwierigkeiten, auch nur die geringste Emotion auszudrücken. Er stößt auf ein Maß an Monotonie und Pedanterie, das fast bewusst darauf abzielt, die deutsche Nation in den Schlaf zu wiegen.

Wie eine menschliche Dampfwalze

Wenn der deutsche Kanzler während einer Debatte tatsächlich von einem Gesprächspartner herausgefordert wird, beginnt Scholz instinktiv, seine Argumente wie eine menschliche Dampfwalze auszurollen, was ihn manchmal etwas autistisch erscheinen lässt.

Alternativ greift Scholz schnell zu Geringschätzung, oft verbunden mit persönlicher Verunglimpfung. Als er beispielsweise kürzlich gefragt wurde, ob er in der Politik zu wenig Emotionen zeige, antwortete er, er sei „kein Zirkusdirektor“.

Für Scholz hört das Geld auf… nirgends

All diese Persönlichkeitsmerkmale weisen auf ein großes Problem hin: Anders als Macron hat sich Scholz bisher einfach nicht als fähig erwiesen, persönliche Verantwortung für politische Fehlentwicklungen zu übernehmen.

Von der Misswirtschaft beim katastrophalen und extrem gewalttätigen G20-Gipfel 2017 in Hamburg bis hin zu zwei großen Finanzskandalen (Cum Ex und Wirecard), die überall seine Fingerabdrücke hinterlassen haben, hat Scholz eine Menge Skandale erlebt.

Zwei Männer hatten Glück

Doch was Scholz und Macron eint, ist nicht nur ihr enormes Vertrauen in die eigene Intelligenz. Der Weg, der sie zum französischen Präsidenten bzw. zum deutschen Bundeskanzler führte, bietet ihnen auch einen autobiografischen Zugang.

Damit Macron Präsident werden konnte, musste er das gesamte seit langem etablierte französische Parteiensystem zerschlagen. Auf diesem Weg erlebte er während seines Wahlkampfs für die Präsidentschaftswahl 2017 eine Reihe unwahrscheinlicher Entscheidungsmomente. Überraschenderweise fielen sie alle zu seinen Gunsten aus.

Erreichen Sie die Spitze gegen unglaubliche Hindernisse

Der Aufstieg von Olaf Scholz war nicht so unwahrscheinlich wie der Phönix-Aufstieg von Macron. Und doch stand sein Wahlkampf 2021 vor großen Schwierigkeiten.

Schließlich genoss seine Partei über weite Strecken des Wahlkampfs nur die Unterstützung von 15 % der Wähler. Scholz hat wie Macron ein scheinbar unerschütterliches Selbstvertrauen.

Der wichtigste Faktor, der ihm zu seinem Aufstieg an die Spitze verhalf, waren jedoch die bösen und sehr selbstzerstörerischen Machtkämpfe zwischen potenziellen Kanzlerkandidaten der damals noch regierenden CDU/CSU.

Eine gemeinsame Basis?

Auch wenn Macron in puncto Vision klar vor Scholz liegt, wurde davon ausgegangen, dass Scholz in puncto Regierungserfahrung vor Macron liegt.

Allerdings profitiert Macron vom französischen Präsidialsystem, das dem Präsidenten einen großen Spielraum gibt, den politischen Prozess des Landes zu gestalten. (Es ist ein Regierungssystem, das Olaf Scholz insgeheim vielleicht auch liebt.)

Eine „Koalition des Fortschritts“ im deutsch-französischen Rahmen?

Um den deutsch-französischen Motor wiederzubeleben, hielt Macron sogar bereitwillig am neuen Berliner Thema einer „Koalition des Fortschritts“ fest und sah darin eine realistische Option im deutsch-französischen Rahmen.

Er ging natürlich davon aus, dass die Deutschen die Kernenergie für „fortschrittlich“ halten würden, da sie keine CO2-Emissionen verursacht …

Verpasste Gelegenheit: Konzentration auf die andere Seite des historischen Napoleon

Ob es um technologische und gesellschaftliche Modernisierung ging, um Konjunkturprogramme oder das Engagement gegen den Klimawandel: Scholz und Macron glaubten zunächst, auf politischer Ebene viele Gemeinsamkeiten zu haben.

Auch historisch gesehen war das Thema vorhanden: Um einen gemeinsamen, einigenden Eindruck zu erwecken, mussten die beiden Männer lediglich die andere, d. h. nichtmilitärische Seite des historischen Napoleon hervorheben.

Napoleon, Agitator und Konquistador, war nicht nur, wie Macron und Scholz, geradezu übernatürlich von sich und seinen Führungsqualitäten überzeugt.

Napoleons Vermächtnis als Wirtschafts- und Staatsreformer

Was heute oft vergessen wird, ist das Ausmaß, in dem Napoleon als Bürgerreformer de facto die Modernisierung der Verwaltungs- und Wirtschaftsstrukturen beider Nationen unterstützte.

Die von Napoleon und seinen Verwaltern durchgeführte Defeudalisierung legte zunächst den Grundstein für das Wirtschaftswachstum der Bourgeoisie, dann für einen Wohlstand, der sich nach und nach auch auf andere Bevölkerungsschichten ausdehnte.

Sie haben nie den Weg gefunden

Leider haben Scholz und Macron nie einen Weg gefunden, die als Achse der Modernisierung geplante deutsch-französische Koalition gemeinsam zu gestalten.

Eher das Gegenteil. Anstatt durch ihre Zusammenarbeit positive Energie zu erzeugen, geraten sie nun auf fast jede erdenkliche Weise aneinander. In diesem perversen Duell ist der Deutsche Scholz eindeutig der Kompromissloseste.

Fast täglich betont er, dass er seinen Wurzeln treu bleibt: Der ehemalige Hamburger Oberbürgermeister ist im Herzen Kommunalpolitiker.

Ebert Maier

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