Bei zwei deutschen Regionalwahlen, die als Gradmesser für die nationale Stimmung gelten, konnte die rechtsextreme Alternative für Deutschland (AfD) die Nase vorn haben, während die drei Regierungsparteien, die Bundeskoalition des Landes, deutliche Verluste hinnehmen mussten.
In den Bundesländern Bayern und Hessen errangen die konservativen Kräfte deutliche Siege. In Bayern wird erwartet, dass die Christlich-Soziale Union (CSU), Schwesterpartei der Mitte-Rechts-Christlich-Demokratischen Union (CDU), 37 Prozent der Stimmen erhält. In Hessen wird die CDU voraussichtlich 34,6 Prozent der Stimmen erreichen.
Der wohl größte Gewinner des Abends war jedoch die AfD, eine Partei, die seit ihrer Gründung im Jahr 2013 immer extremer geworden ist. Die AfD belegte nach vorläufigen Ergebnissen den zweiten Platz in Hessen und den dritten Platz in Bayern, ein historischer Zugewinn für die Partei.
Das starke Abschneiden der AfD außerhalb ihrer traditionellen Hochburg in den neuen Bundesländern deutet darauf hin, dass es der Partei gelungen ist, ihre Unterstützungsbasis zu verbreitern. Diese Entwicklung hat bereits eine neue Welle der Selbstbeobachtung bei den traditionellen Parteiführern ausgelöst.
„Die Leistungssteigerung der AfD beunruhigt alle Demokraten in diesem Land“, sagte Ricarda Lang, Co-Vorsitzende der Grünen, im öffentlich-rechtlichen Fernsehen. „Ich wünschte, wir würden aufhören, mit dem Finger auf andere zu zeigen, und jede demokratische Partei würde jetzt darüber nachdenken, was wir dagegen tun können [the election results] in Zukunft wieder anders aussehen.
Sowohl in Bayern als auch in Hessen verzeichneten die drei Parteien, aus denen die Regierungskoalition von Bundeskanzler Olaf Scholz besteht – die Mitte-Links-Sozialdemokraten (SPD), die Grünen und die Freien Liberaldemokraten (FDP), weniger Unterstützung. Dieses Ergebnis zeigt die weit verbreitete Unzufriedenheit mit der Bundesregierung in einer Zeit wachsender wirtschaftlicher und sozialer Unsicherheit.
Die deutsche Wirtschaft steckt seit langem in einer Sackgasse, was zum Teil auf den Anstieg der Energiepreise nach der russischen Invasion in der Ukraine zurückzuführen ist. Ein starker Anstieg der Zahl der in diesem Jahr nach Deutschland einreisenden Asylbewerber und ein zunehmender Mangel an bezahlbarem Wohnraum haben auch die Unzufriedenheit der Wähler angeheizt.
Aus dieser Unzufriedenheit hat die AfD offenbar Kapital schlagen können. Robert Lambrou, Chef der AfD-Fraktion in Hessen, wo die Partei voraussichtlich 18,4 Prozent der Stimmen erreichen wird, bezeichnete das Abschneiden der Partei im Land als „überwältigend“. Viele Menschen, fügte er hinzu, „haben das Gefühl, dass eine Änderung der Politik notwendig ist.“ Wir haben eine hohe Inflation, hohe Energiepreise und hohe Mieten. Wir haben eine völlig unkontrollierte Masseneinwanderung. Hier gibt es viel zu tun.
In Bayern wird die AfD voraussichtlich 14,6 Prozent der Stimmen erreichen und damit knapp hinter den Freien Wählern liegen, einer neuen rechten Partei, die im Land in einer Koalition mit der CSU regiert. Das Ergebnis bedeutet, dass die AfD bei beiden Landtagswahlen alle Parteien der deutschen Regierungskoalition überflügelt hat, ein Szenario, das vor einigen Jahren kaum vorstellbar gewesen wäre.
Die Regierungskoalition in Deutschland war bereits von internen Machtkämpfen geplagt, insbesondere zwischen den Grünen und der FDP, Parteien, die in vielerlei Hinsicht ideologisch gegensätzlich sind. Die schlechten Ergebnisse der Koalitionsparteien könnten die Zwietracht durchaus vertiefen, da jede Partei versucht, ihre Unterstützungsbasis zu stärken.
In Hessen, einer ehemaligen Hochburg der SPD, erlitten die Sozialdemokraten den Hochrechnungen zufolge eine peinliche Niederlage und erreichten lediglich 15,1 Prozent der Stimmen. Die Niederlage ist für die Partei umso bitterer, als ihre Kandidatin in diesem Land Scholz‘ Bundesinnenministerin Nancy Faeser ist, die das Ergebnis in einer Rede als „sehr enttäuschend“ bezeichnete.
Angesichts dieses schlechten Ergebnisses fragen sich viele, ob Faeser seinen Posten als Innenminister behalten kann. Kanzler Scholz wird wahrscheinlich unter dem Druck stehen, weitreichende Änderungen vorzunehmen, um das Schicksal seiner Partei und Koalition zu wenden.
Besonders desaströs war das Wahlergebnis für die FDP, einen Junior-Koalitionspartner von Scholz. Hochrechnungen zufolge erhielt die Partei in Bayern nur drei Prozent der Stimmen und in Hessen fünf Prozent der Stimmen. Sollte die Partei das geforderte Fünf-Prozent-Ziel nicht erreichen, droht ihr der Ausstieg aus den Parlamenten beider Staaten.
Für die Spitzen der deutschen Bundeskoalition hat das Wahlergebnis bereits Alarm geschlagen. Die Frage ist nur, ob es innerhalb der Koalition genug Einigkeit gibt, um das Blatt zu wenden.
„Natürlich sind wir weder taub noch blind“, sagte SPD-Generalsekretär Kevin Kühnert nach Bekanntgabe der ersten Wahlergebnisse im deutschen öffentlich-rechtlichen Fernsehen. „Wir alle müssen in dieser Koalition gemeinsam die Signale erkennen.“
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