Die Zahl der Fälle von Hautkrebs bei Männern und Frauen steigt jedes Jahr um 10 %. Experten haben einen Zusammenhang zwischen diesem Anstieg und der erhöhten Intensität der UV-Strahlung in Deutschland festgestellt. Hautkrebs ist bereits heute eine der häufigsten Krebsarten. In Deutschland erkranken jedes Jahr rund 260.000 Menschen an Hautkrebs, egal ob sie helle oder dunkle Haut haben.
Deutlich wurde es bei Pressekonferenz von Spektrum Dermatologie 2022, dass der Klimawandel auch zu einer Zunahme der terrestrischen UV-Strahlung führt, bedingt durch besondere stratosphärische Bedingungen. Häufiger sind sogenannte Low-Ozon-Events. Da es jetzt viel mehr wolkenfreie Tage als früher gibt, wird die direkte Wirkung der UV-Strahlung auf die Haut verstärkt. An der Wetterstation Hohenpeißenberg des Deutschen Wetterdienstes in Bayern werden an wolkenlosen Tagen seit einiger Zeit UV-Werte gemessen, die zuvor nur auf Sizilien gemessen wurden.
Arbeiter im Freien seien besonders hoher UV-Strahlung ausgesetzt und könnten als Hochrisikogruppe gelten, betont Dr. med. Swen Malte John vom Universitätsklinikum Osnabrück. Dosimetrische Messungen haben eine überraschend hohe UV-Exposition bei Tätigkeiten im Freien, wie Baugewerbe und Landwirtschaft, ergeben (>500 SED zwischen April und Oktober; 1 SED = 100 J/m²).
Epidemiologische Daten deuten darauf hin, dass das Risiko für hellhäutigen Hautkrebs (Basalzellkarzinom und Plattenepithelkarzinom) für Arbeiter im Freien doppelt so hoch ist wie für die Durchschnittsbevölkerung. So wurde UV-bedingter Hautkrebs als Berufskrankheit anerkannt. Seit 2015 ist Hautkrebs in Deutschland als Berufskrankheit anerkannt.
„Wir erhalten jedes Jahr 10.000 Meldungen darüber, und 6.000 Fälle wurden als Berufskrankheit anerkannt. Leider ist dies bereits eine alarmierende und häufige Krankheit, und der Klimawandel wird überhaupt nicht helfen“, sagte John. Berufsbedingter Hautkrebs durch längere Sonneneinstrahlung bei Outdoor-Arbeitern ist mittlerweile die zweit anerkannte Berufskrankheit in Deutschland (6.000 Fälle pro Jahr, davon ca. 800 mit hohen Rentenansprüchen). In Deutschland bietet das Berufsgenossenschaftliche Krankenhaus für Berufskrankheiten im bayerischen Bad Reichenhall Rehabilitationsaufenthalte für anerkannte berufsbedingte Hautkrebserkrankungen an.
Die UV-Belastung verdoppelt sich
Unabhängig davon, ob man beruflich einer erhöhten UV-Strahlung ausgesetzt ist oder nicht, ist mit einer deutlich höheren Belastung zu rechnen. In der Vergangenheit war die durchschnittliche Person 130 SED pro Jahr ausgesetzt, aber laut John hat sich diese Rate jetzt verdoppelt.
Hellhäutiger Hautkrebs ist heute die häufigste Krebsart bei Männern und Frauen. „Früher war es nicht so üblich, jemanden mit einem UV-bedingten Hauttumor zu sehen, insbesondere nicht mit einem weißen Hautkrebs.“ Es ist überhaupt keine Seltenheit mehr und es wird nur noch schlimmer darüber beunruhigt“, sagte Dr. med. Max Tischler, Dermatologe in Dortmund.
Laut John ist mit einem jährlichen Anstieg der Hautkrebsfälle um 10 % zu rechnen, doppelt so viele Fälle wie in 10 Jahren. Diese Vorhersage berücksichtigt die Auswirkungen des Klimawandels und des demografischen Wandels (das Hautkrebsrisiko bei hellhäutigen Menschen steigt mit dem Alter).
Angesichts der Fallzahlen bleibt unklar, wie die medizinische Versorgung der Betroffenen in den kommenden Jahren gewährleistet werden kann. „Wir haben keine Ahnung, wie wir diese Patienten in Zukunft versorgen sollen“, sagte John. Er wies darauf hin, dass Ärzte die Teledermatologie zur Behandlung von Patienten einsetzen sollten und dass künstliche Intelligenz oder Gesundheits-Apps benötigt würden, um das Patientenselbstmanagement zu unterstützen.
Keine gesunde Bräune
Sonnenschutz sei „ganz wichtig“, betonte Tischler. In Australien hat sich gezeigt, dass Kontinuität und Konsistenz für die Prävention äußerst vorteilhaft sind. Australien ist das einzige Land der Welt mit einer hellhäutigen Bevölkerung, in dem die Häufigkeit von Hautkrebs abnimmt. In Deutschland hingegen gibt es in Sachen Prävention noch großen Nachholbedarf. „Die meisten Leute wissen, wie man trägt Sonnencremeaber viele tun es immer noch nicht“, berichtete Tischler. Vielen Patienten war nicht bewusst, dass sie vor allem im Sommer täglich Sonnencreme auftragen mussten, da die UV-Strahlung auch an bewölkten Tagen hoch sein kann.
Auch die richtige Menge an Sonnencreme ist wichtig. Die meisten Menschen konsumieren zu wenig. Viele glauben offenbar noch immer an die „gesunde Bräune“. „Das hat mir meine Großmutter gesagt. Aber gesunde Bräune gibt es nicht. Bräunen ist die erste Abwehrreaktion des Körpers gegen zu viel Sonne“, sagt Tischler, die auch Kita- und Kindergartenkurse zum Thema Sonnenschutz leitet. Die Kurse richten sich nicht nur an Kleinkinder, sondern auch an Lehrer und Eltern.
Immer wieder erfährt er, dass zu wenig Sonnencreme verwendet wird oder der Lichtschutzfaktor der Sonnencreme zu niedrig ist. Nicht selten erntet er ungläubige Blicke, wenn er einer Familie mitteilt, dass sie für den sommerlichen Strandurlaub einen halben Liter Sonnencreme mitnehmen soll.
Aktinische Keratosen behandeln
Die aktinische Keratose ist eine lichtinduzierte Hautmutation und kann als Frühform des Plattenepithelkarzinoms eingestuft werden. John versuchte, die Menschen zu regelmäßigen Hautkrebsvorsorgeuntersuchungen zu ermutigen. „Je früher mit der Behandlung begonnen wird, desto wirksamer ist sie gegen aktinische Keratosen“, sagte er. Die aktinische Keratose ist seit dem 1. Januar 2015 als Berufskrankheit anerkannt. Im Jahr 2008 lag die Prävalenz der Erkrankung bei den 60- bis 70-Jährigen in Deutschland bei 11,5 %. Sie machten 2011 8,3 % der 100 häufigsten ambulanten dermatologischen Behandlungen in Deutschland aus.
In den S3-Empfehlungen wird der aktinischen Keratose und der Prävention von Hautkrebs ein großer Platz eingeräumt Aktinische Hautläsionen. John erläuterte, dass durch die Anerkennung berufsbedingter Hauterkrankungen Therapieverfahren und eine leitliniengerechte Nachsorge, die in der gesetzlichen Krankenversicherung nicht möglich wären, zu Lasten der Unfallversicherung erbracht werden können.
Derzeit kann die Zahl der von aktinischer Keratose betroffenen Menschen nur geschätzt werden. „Sicher Millionen von Menschen in Deutschland“, sagte John. Die Hamburger Forscher schätzen, dass es jedes Jahr bis zu 400.000 neue Fälle gibt, „aber das sind nur Spekulationen. Wir wissen es nicht genau. Wir wissen nur, dass es eine extrem hohe Zahl ist“, sagte John.
Jens Malte Baron, Dermatologe an der RWTH Aachen, bestätigte, dass die Rate an aktinischen Keratosen zugenommen habe. „In der Dermatologischen Ambulanz sehen wir täglich Patienten mit aktinischer Keratose, und die Zahl der Patienten steigt von Jahr zu Jahr.“
Baron erklärte, dass für aktinische Keratosen eine breite Palette von Behandlungen zur Verfügung steht. Dazu gehören Salbentherapie, Laserbehandlung und eine Kombination aus Laser- und photodynamischer Therapie (PDT). PDT zielt auf erkrankte Hautzellen ab und zerstört diese und stellt gleichzeitig umgebendes gesundes Gewebe wieder her.
Jeder Tumor, der weniger als 3 mm in die Haut eindringt, kann mit PDT behandelt werden. „Die geeignete Therapie hängt dann davon ab, ob sich die aktinische Keratose an einer oder mehreren Stellen manifestiert hat, an welchen Stellen und wie viele davon. Auch an schwierigen Stellen, etwa um das Augenlid herum, kann der Einsatz von Lasern sinnvoll sein“, sagt sie Baron.
Experten bedauern, dass das Hautkrebs-Screening im Rahmen des Aktionsplans der Europäischen Union gegen Krebs nicht auf europäischer Ebene eingeführt werden konnte. Dennoch haben nun Risikogruppen wie Outdoor-Arbeiter Anspruch auf Vorsorge. Im Rahmen dieser professionellen Vorsorge muss der Arbeitgeber eine Gefährdungsbeurteilung durchführen und Kleidung, Sonnenbrille und Sonnencreme zur Verfügung stellen. Zu Beginn des Berufslebens und danach alle 3 Jahre wird zusätzlich eine arbeitsmedizinische Beratung durchgeführt. In Deutschland haben etwa sieben Millionen Menschen Anspruch auf diese professionelle Vorsorge.
Dieser Artikel wurde übersetzt von Deutsche Ausgabe von Medscape.