In Deutschland sind die gesetzlichen Krankenkassen für die Zustellung der Anwendung ePatientenakte (ePA) zuständig. MobiHealthNews fragte Sandra Hoyer, ePA-Projektmanagerin beim führenden deutschen Versicherer, der Techniker Krankenkasse (TK), wie die Implementierung funktioniert – und wie sie bisher genutzt wurde.
F. Zahler sind für die Bereitstellung des nationalen ePA in Deutschland verantwortlich. Wie es funktioniert?
Derzeit stellen wir eine ePA-Anwendung zur Verfügung. Ab 2022 wird es auch eine nicht webbasierte Desktop-Version geben. Der rein mobile Ansatz garantiert uns derzeit einen sicheren Zugang zum ePA, da wir Identifikationssysteme mit den erforderlichen Sicherheitsstandards installieren können.
Als Krankenkasse in Deutschland sind wir gesetzlich dazu verpflichtet, die ePA bis spätestens 1. Januar 2021 auszustellen und Versicherten zugänglich zu machen. Die Grundfunktionalitäten und die Infrastruktur wurden von der gematik vorgegeben und sind größtenteils vordefiniert.
Wir implementieren ePA über eine mobile App, die Android und iOS unterstützt. Der Zugang zu unserem ePA „TK-Safe“ erfolgt über die Service-App, die TK-App. Das ePA ist somit kein separater Antrag. Versicherungsnehmer benötigen nicht mehrere Apps, sondern können über eine einzige App auf alle Services zugreifen. Wer in der TK-App auf die Funktion „TK-Safe“ klickt, wird zu seinem ePA weitergeleitet.
Als TK-Partner baute IBM das gesamte Backend-Dateisystem nach den Vorgaben der gematik. Wir haben das Frontend selbst entwickelt – also die Anwendungsoberfläche, die der Kunde sieht.
F. Wie haben TK-Versicherte bisher ePA genutzt?
Die TK startete bereits vor zwei Jahren mit der elektronischen Patientenakte (eGA) unter dem Namen „TK-Safe“ – damals noch auf anderer Rechtsgrundlage. Anfang des Jahres, als die Umstellung von eGA auf ePA stattfand, nutzten 280.000 unserer 10,8 Millionen Versicherten eGA. Diese können nun auf ePA umstellen.
90.000 TK-Kunden nutzen den ePA seit dem Start am 1. Januar 2021.
F. Was sind die Herausforderungen bei der Einrichtung der ePA-Anwendung?
Da Versicherungsnehmer ihre sensiblen Gesundheitsdaten in der elektronischen Patientenakte speichern können, muss die ePA besonders sicher sein. Daher erfordert die Registrierung für das ePA mehr Schritte, als Benutzer in kommerziellen Anwendungen erfahren. Ein Schritt ist beispielsweise die Authentifizierung mit dem Personalausweis. Die TK setzt ein Robo-Ident-System ein, damit Versicherungsnehmer die Kundenberatung nicht aufsuchen müssen und den Authentifizierungsprozess vollständig digital durchlaufen können. Auf diese Weise konnten wir unseren Versicherungsnehmern ermöglichen, sich auch während der Ausgangsbeschränkungen und geschlossenen Kundenberatungen in das ePA einzuloggen.
F. Kann die ePA bereits in der Praxis eingesetzt werden?
Ja, es wurde bereitgestellt. Das ePA wurde jedoch als MVP (Minimum Viable Product) eingeführt. Das bedeutet, dass die ePA zunächst als Basisversion gestartet und die Funktionen sukzessive ausgerollt werden. Der Hauptvorteil des ePA ist der Datenaustausch zwischen Versicherten und Leistungserbringern.
Auf Seiten der Dienstleister muss jedoch ein sicherer Zugriff gewährleistet sein. Die Konnektoren, mit denen Dienstleister an die Telematikinfrastruktur angebunden werden, um Informationen mit der ePA auszutauschen, haben noch keine endgültige Zulassung durch die ePA. Dafür müssen sie einen Feldtest bestehen.
Nur dann ist das zweite Element erfüllt – dass Ärzte nicht nur technisch, sondern auch rechtlich in der Lage sind, die Übertragung von Daten in die ePA eines Patienten anzuordnen. Nach den Feldtests können Dienstleister die ePA ab dem 1. Juli 2021, längstens bis zum dritten bis vierten Quartal 2021, auch in der Praxis absolvieren.
Uns war es sehr wichtig, unseren Versicherungsnehmern bereits zum Start der ePA-Basisversion eine vollständige Akte und viele praktische Funktionen anbieten zu können. Deshalb haben wir bei der TK von Anfang an Selbstverwaltungsfunktionen wie Vorsorge- und Impfempfehlungen, Medikationspläne und Abrechnungsdaten in TK-Safe integriert. Damit haben Versicherte viele nützliche Funktionen in ihrer Akte, auch wenn sie ihre Daten noch nicht mit ihren Ärzten teilen können.
F. Was können Deutsche mit den in ihrem ePA enthaltenen Gesundheitsdaten machen?
Die Nutzung des ePA ist freiwillig. Der Patient kann einzelnen Behandlern Zugangsberechtigungen erteilen und diese auf einen Tag bis zu 540 Tagen begrenzen. Der Versicherte kann seine Dokumente aus seinem persönlichen Bereich teilen, damit die Ärzte sie einsehen können. Ab dem nächsten Jahr können sie bestimmen, welcher Arzt Zugriff auf jedes Dokument hat.
F. Welche gewonnenen Erkenntnisse können Sie an andere Länder weitergeben?
Grundsätzlich ist es ratsam, auch im Hinblick auf strukturierte Daten im ePA künftig auf eine internationale Standardisierung zu setzen. Die Vielzahl proprietärer Primärsysteme ist ein Hindernis. Dies ist insbesondere bei niedergelassenen Ärzten, aber teilweise auch bei Krankenhäusern zu beobachten. Die meisten Systemhersteller sind nicht intrinsisch motiviert, die erforderliche Interoperabilität bereitzustellen.
Sandra Hoyer ist als Projektleiterin verantwortlich für die Produktion und Bereitstellung von ePA im Pflegemanagement bei der Techniker Krankenkasse (TK).
MobiHealthNews ist eine Publikation von HIMSS Media.
„Freiberuflicher Kommunikator. Hardcore-Web-Praktiker. Unternehmer. Totaler Student. Bier-Ninja.“