Änderungen im deutschen Arbeitszeitgesetz – Was Sie wissen müssen – Gesundheit und Sicherheit

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Der Gesetzentwurf zielt darauf ab, die Regeln klarzustellen, es bestehen jedoch weiterhin Unsicherheiten.

Einführung

Seit der äußerst umstrittenen Entscheidung des Bundesarbeitsgerichts vom 13. September 2022 (1 ABR 22/21) sind Arbeitgeber verpflichtet, die Arbeitszeiten ihrer Mitarbeiter in Deutschland zu registrieren. Das Bundesarbeitsgericht hat zwar zu Einzelaspekten, etwa zum Umfang der zu erfassenden Arbeitszeit, entschieden, Details hierzu fehlen jedoch noch. Mit Spannung wurde daher ein vom Bundesministerium für Arbeit und Soziales angekündigter „Praxisvorschlag“ zur Arbeitszeiterfassung erwartet, der im ersten Quartal 2023 veröffentlicht werden soll.

Stattdessen soll ein Gesetzentwurf zur Änderung des deutschen Arbeitszeitgesetzes (Arbeitszeitgesetz – ArbZG) wurde freigegeben. Das Projekt setzt die Entscheidungen des Bundesarbeitsgerichts und des Europäischen Gerichtshofs aus den Vorjahren zur Arbeitszeiterfassung um und führt Regelungen zur konkreten Ausgestaltung der Arbeitszeiterfassung ein. Allerdings werden die neuen Regelungen die bestehenden Rechtsunsicherheiten für Arbeitgeber nur teilweise beseitigen.

Neue wesentliche Bestimmungen

Der Entwurf enthält im Wesentlichen folgende Neubestimmungen in Art. 16 ArbZG:

  • Der Arbeitgeber ist verpflichtet, Beginn, Ende und Dauer der täglichen Arbeitszeit am Tag der Leistungserbringung elektronisch zu erfassen (§ 16 Abs. 2 ArbZG).

  • Die Erfassung der Arbeitszeit kann durch den Arbeitnehmer selbst oder durch einen Dritten erfolgen. Für die korrekte Erfassung der Arbeitszeit bleibt der Arbeitgeber verantwortlich (§ 16 Abs. 3 ArbZG).

  • Im Falle einer Arbeitszeiterfassung durch den Arbeitnehmer und bei Verzicht des Arbeitgebers auf die Kontrolle der Arbeitszeit hat der Arbeitgeber durch geeignete Maßnahmen dafür zu sorgen, dass ihm die Verstöße gegen das ArbZG bekannt sind (§ 16 Abs. 4 ArbZG).

  • Der Arbeitgeber ist verpflichtet, dem Arbeitnehmer auf Verlangen die erfasste Arbeitszeit mitzuteilen und ihm eine Kopie der Aufzeichnungen auszuhändigen (§ 16 Abs. 5 ArbZG).

  • Arbeitszeitnachweise sind vom Arbeitgeber für die gesamte Dauer der tatsächlichen Beschäftigung des Arbeitnehmers, mindestens aber für die Dauer der gesamten Beschäftigung bzw. Dienstzeit, insgesamt jedoch nicht länger als zwei Jahre, in deutscher Sprache zu führen. Auf Verlangen der Aufsichtsbehörden sind Arbeitszeitnachweise am Arbeitsplatz aufzubewahren (§ 16 Abs. 6 ArbZG).

Strafen

Ein Verstoß gegen die Pflicht nach Art. 16 Par. Zwei, fünf und sechs führen direkt zu einer Geldstrafe von bis zu 30.000,00 €.

Elektronische Registrierungsmethode

Der Entwurf sieht kein konkretes Verfahren zur elektronischen Registrierung vor. Neben bereits im Einsatz befindlichen Zeiterfassungsgeräten gelten auch andere Arten wie Anwendungen auf Mobiltelefonen oder die Nutzung herkömmlicher Tabellenkalkulationen als geeignet. Die kollektive Erfassung der Arbeitszeit durch den Einsatz und die Auswertung elektronischer Arbeitszeitpläne ist eine weitere Möglichkeit der Arbeitszeiterfassung.

Delegation an Mitarbeiter

Der Arbeitgeber ist berechtigt, die Erfassung der Arbeitszeit an Arbeitnehmer zu delegieren. Da jedoch der Arbeitgeber in der Verantwortung bleibt, sollte er die Arbeitnehmer ausdrücklich dazu auffordern, ihre Arbeitszeit ordnungsgemäß zu erfassen und dies durch Stichprobenkontrollen zu überwachen. Durch diese Vorgehensweise wird sichergestellt, dass sich der Arbeitgeber im Falle einer Nichteinhaltung der Meldepflicht teilweise gegenüber der Arbeitsschutzbehörde rechtfertigen kann. Die Arbeitsschutzbehörde muss prüfen, inwieweit der Verstoß gegen die Aufzeichnungspflicht allein durch die Arbeitnehmer verursacht wurde.

Vertrauensarbeitszeit

Eine auf Vertrauen basierende Arbeitszeit (Vertrauensarbeitszeit) mit freier Planung der Zeiteinteilung kann weiterhin vereinbart werden. Den Arbeitsbeginn und das Arbeitsende können die Mitarbeiter weiterhin selbst bestimmen. Der Arbeitgeber muss jedoch sicherstellen, dass er über Verstöße gegen die Vorschriften des ArbZG (z. B. zur maximal zulässigen Arbeitszeit oder zur ununterbrochenen Ruhezeit nach Ende der täglichen Arbeitszeit) informiert wird. Dies kann beispielsweise durch eine automatische Warnmeldung des elektronischen Zeiterfassungssystems erreicht werden.

Ausnahmen von der Pflicht zur Arbeitszeiterfassung

  • Die Pflicht zur elektronischen Arbeitszeiterfassung entfällt für Arbeitgeber mit bis zu zehn Arbeitnehmern und Arbeitgeber ohne Betriebsstandort im Inland, wenn bis zu zehn Arbeitnehmer nach Deutschland entsandt werden (§ 16 Abs. 8 ArbZG).

  • Darüber hinaus enthält der Entwurf eine Einführungsklausel, wonach die Vereinbarung abweichender Regelungen in einem Tarifvertrag auf der Grundlage eines Tarifvertrags in einer Betriebsvereinbarung möglich ist (Art. 16 Abs. 7 ArbZG). In diesen Vereinbarungen können die nicht elektronische Erfassung der Arbeitszeit, der Tag, an dem die Arbeitszeit erfasst werden muss, sowie bestimmte Gruppen von Arbeitnehmern von der Aufzeichnungspflicht befreit werden. Dies muss für Arbeitnehmer möglich sein, die selbst über Umfang und Verteilung ihrer Arbeitszeit entscheiden können (z. B. Führungskräfte, Wissenschaftler und Experten).

fortsetzen

Die seit Jahren erhoffte Anpassung des ArbZG an die Anforderungen der modernen Arbeitswelt ist ausgeblieben. Allerdings war dies in der kurzen Zeit, die seit der Entscheidung des Bundesarbeitsgerichts im September letzten Jahres vergangen ist, wohl nicht zu erwarten.

Leider beseitigt das Projekt nicht alle Unsicherheiten in den angepassten Bereichen. Die Frage, welche Arbeitnehmer die Arbeitszeit erfassen müssen, ist nicht geklärt. Ob es sich um leitende Angestellte handelt (leitende Angestellte) im Sinne des deutschen Gesetzes über die Gründung von Gesellschaften (Betriebsverfassungsgesetz) ebenfalls der Pflicht zur Arbeitszeiterfassung unterliegen, wurde bereits kontrovers diskutiert. Basierend auf dem aktuellen Entwurf ist die Ausnahme vom § 3 Abs. 18 ArbZG würde weiterhin gelten und die Pflicht zur Zeiterfassung würde für sie nicht gelten. Darüber hinaus dürfte es schwierig sein zu bestimmen, welche Arbeitnehmer vollständig von der Pflicht zur Arbeitszeiterfassung in Tarifverträgen befreit werden können. Die genannten Beispiele (Manager, Wissenschaftler und Experten) lassen Interpretationsspielraum.

Darüber hinaus sieht der Entwurf im Hinblick auf die Pflicht zur Zeitenerfassung keine konkrete Regelung der Ruhe- und Pausenzeiten vor. Während Pausen vermutlich nicht erfasst werden müssen und daher auch nicht überwacht werden können, lässt sich aus der erfassten Arbeitszeit auf die Einhaltung der Ruhezeit schließen. Insofern wäre eine Klarstellung seitens des Gesetzgebers sinnvoll gewesen. Auch Regelungen zu besonderen Arbeitsformen wie mobiler Arbeit oder Heimarbeit enthält der Entwurf nicht.

Ausblick

Dennoch sollten sich Arbeitgeber zügig mit den neuen Regelungen auseinandersetzen, da die Änderungen des ArbZG zu Beginn des auf die Inkraftsetzung folgenden Quartals in Kraft treten und bereits ab diesem Zeitpunkt Handlungsbedarf besteht. Beginn, Dauer und Ende der Arbeitszeit müssen vom Arbeitgeber erfasst werden, sobald das neue Gesetz in Kraft tritt.

Der Entwurf sieht lediglich eine Übergangsregelung vor, nach der Arbeitgebern eine Umsetzungsfrist für die Einführung eines elektronischen Arbeitszeiterfassungssystems eingeräumt wird. Alle Arbeitgeber können die Arbeitszeit auch bis zu einem Jahr nach Inkrafttreten der Änderungen elektronisch erfassen. Arbeitgeber mit weniger als 250 Arbeitnehmern profitieren von einer zweijährigen Umsetzungsfrist, Arbeitgeber mit weniger als 50 Arbeitnehmern von einer fünfjährigen Umsetzungsfrist.

Der Inhalt dieses Artikels soll einen allgemeinen Leitfaden zu diesem Thema bieten. Bezüglich Ihrer individuellen Situation sollte fachkundiger Rat eingeholt werden.

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